"Manchmal ist das Wichtigste, einfach da zu sein." - ein Praktikumsbericht"Manchmal ist das Wichtigste, einfach da zu sein." - ein Praktikumsbericht

"Manchmal ist das Wichtigste, einfach da zu sein." - ein Praktikumsbericht

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2025

"Manchmal ist das Wichtigste, einfach da zu sein."

Im Rahmen des psychotherapeutischen Propädeutikums durfte ich zehn Monate als Praktikantin im Tralalobe Haus der Frauen in Hollabrunn verbringen. Was ich aus dieser Zeit mitnehme? Dass es oft nicht um große Taten geht, die den Unterschied machen, sondern das aufmerksame Dasein, das Zuhören, das Ernstnehmen, das Aushalten. Gerade dann, wenn es keine schnelle Lösung gibt.

Im Tralalobe-Team wurde ich als Praktikantin von Beginn an ernst genommen und eingebunden. Besonders beeindruckt hat mich der Austausch im multiprofessionellen Setting – unterschiedliche Fachrichtungen, Zugänge und Denkweisen, die sich gegenseitig ergänzten. Für mich war das nicht nur fachlich spannend, sondern auch menschlich bereichernd. Der respektvolle Umgang miteinander, die Offenheit gegenüber neuen Perspektiven und die spürbare Leidenschaft für die gemeinsame Arbeit haben mich tief beeindruckt. Im Austausch darüber konnte ich viel lernen, nicht nur fachlich, sondern auch über mich selbst.

In Erinnerung bleiben mir vor allem die Begegnungen mit den Bewohnerinnen - die Gespräche, die sich im Rahmen des gemeinsamen Samstagsfrühstücks ergeben haben, die vielen Aktivitäten vom Verfassen der Weihnachtswünsche über das Backen von Keksen, das Bepflanzen des Beets im Garten, den Besuch von Veranstaltungen bis hin zu gemeinsamen Ausflügen ins Freibad oder Radtouren.  

Nie werde ich vergessen, wie ich mit einer Gruppe junger Mädchen den Hollabrunner Eislaufplatz besucht habe. Für viele war es das erste Mal auf dem Eis; sie kicherten und machten voneinander Fotos oder videotelefonierten mit der Familie, während sie auf dem Eis die ersten wackeligen Schritte machten. Ein junges somalisches Mädchen umarmte mich danach spontan und sagte: „This was one of the best days in my life, I will never forget this!“ Solche Momente haben mich demütig gemacht: Für mich war es ein Nachmittag auf dem lokalen Eislaufplatz. Für sie ein bedeutsamer Moment. Solche Augenblicke zeigen, wie viel es bewirken kann, wenn man einfach Zeit teilt – ohne große Agenda, aber mit echter Präsenz.

Dieses Praktikum war für mich weit mehr als ein Ausbildungsschritt. Es war eine Begegnung mit Menschen, deren Lebenswege von Flucht, Verlust und Neubeginn geprägt sind – und mit einem Team, das diesen Menschen mit Respekt, Klarheit und Wärme begegnet.

Ich bin dankbar für diese intensive Zeit – für das Vertrauen, die Offenheit und die vielen Erfahrungen, die mich fachlich wie menschlich bereichert haben.

Birgit Lerch-Wittmann
Praktikantin im Rahmen des psychotherapeutischen Propädeutikums

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